Etwa 1000 Tage sollen laut dem Düsseldorfer Bürgermeister Josef Hinkel vergangen sein, seit zum letzten Mal die Jazz Rally stattfinden konnte. Dementsprechend war das Publikum in großer Zahl und auch mit hohen Erwartungen zur Eröffnung auf dem Schadowplatz erschienen. Gemessen am Applaus und an den sogar mit Billigung der unter Zeitdruck stehenden Veranstalter geforderten Zugaben, sind diese Erwartungen mehr als nur erfüllt worden.
Wenn man das Konzert am 3. Juni in seiner Gesamtheit wertet, fällt es schwer, Einzelbeiträge hervorzuheben, zumal eine ganze Reihe von Musikerinnen und Musikern dies verdient hätten. Die Stückauswahl allerdings macht es dann doch etwas leichter, da einige Standards gespielt wurden, die weltweit als Gradmesser für herausragende Qualität der Solisten stehen. Darunter ist auch weniger Jazzinteressierten sicherlich der Louis Prima Titel „Sing, Sing, Sing“ im Ohr, in dessen bekanntester Version Gene Krupa unvergessen an seinen Slingerland-Drums den Beat vor sich hertreibt und damit das großartige Klarinettensolo von Benny Goodman brillieren lässt. Ohne Abstriche treffen die genannten Attribute auf Dennis Janson am Schlagzeug und Paulina Schroers an der Klarinette zu. Selbstverständlich spielte die Band das Originalarrangement.
Mit Annika Noell gehört in diese Reihe großer Solistinnen des Abends eine weitere Soloklarinettistin, die u. a. in der moderneren Adaption des genannten Titels, und zwar „Sing, Sang, Sung“ von Gordon Goodwin, herausragte. Beide Solistinnen waren in Phrasierung, Intonation, Dynamik den einmaligen Größen der Big-Band-Ära ebenbürtig, ohne einfach nur nachzuspielen, was diese vorgemacht hatten. Allein das aber wäre schon herausragend.
Das Repertoire, das Bandleader Oliver Hirschegger zusammengestellt hatte, versprach puren Swing-Genuss, der voll und ganz geliefert wurde. Samy Nestico war mit einigen seiner Kompositionen ebenso vertreten wie Sonny Rollins oder Charlie Parker.
Den zweiten Teil des Konzertes prägte eine weitere einzigartige Solistin, Kerstin Brix. Mit der Farbenvielfalt ihrer Stimme gelingt es ihr immer wieder scheinbar mühelos, ein ganzes Konzert zu tragen, ohne sich dabei in den Ohren des Publikums abzunutzen. In diesem Konzert hatte sie einige Titel aus der „Benny Carter Session“ ausgewählt. Mit melodiösen Balladen lud sie an diesem Spätfrühlingsabend einerseits zum Träumen ein, andererseits riss sie mit furiosen Up-Tempo-Titeln wie „I’m Gonna Live Until I Die“ das inzwischen den gesamten Platz füllende Publikum begeistert mit.
Wie der Mitorganisator der Jazz Rally, Reiner Witzel, der die Jazz Swing College Band von gemeinsamen Konzertabenden her bereits kannte, schon nach den ersten Titeln bei seinem Statement zur Eröffnung sagte, stand hier eine ausgesprochen reife und bestens abgestimmte Big Band auf der Bühne als würdiger Opener der 28. Jazz Rally.